Marek Holecek, Alpinist und Autor
Mein Vater sagte einmal: «Wir hatten eine Tochter, Gábina, und ein friedliches Leben. Dann kam das Unglück und Marek wurde geboren.» Es war ein kalter Novembertag im Jahr 1974, als ich der Welt zum ersten Mal schreiend mitteilte, dass sie mit mir rechnen kann. Und seit dem Tag altern meine armen Eltern doppelt so schnell wie Normalsterbliche.
Rückblickend gesehen übertreibe ich nicht. Ob als Kleinkind oder als selbstbewusster junger Mann, meine genialen Aktivitäten haben unzählige dramatische Ereignisse für mich und meine Umgebung herbeigeführt.
Meine Mutter, die ihr unruhiges Kind mit Hingabe liebte, schaffte es, mit all ihrer mütterlichen Liebe die Augen zu schliessen. Der pragmatische Vater jedoch wollte zum Schutz seines Sohnes und wohl auch zur allgemeinen Sicherheit nicht abwarten, was beim fulminanten Finale geschehen würde und er begann zu handeln. Nennen wir einen seiner Versuche «Entladung der Batterien». Der Trick bestand darin, meine freie Zeit bis zum letzten Hundertstel zu verplanen. Das Ziel war, mich so lange zu ermüden, bis ich abends ins Bett fiel und mich nicht mehr rührte. Mein Vater hatte mässigen Erfolg. Aber er brachte mich dadurch schon mit vier Jahren zum Klettern und dann zu einer Reihe weiterer Sportarten. In erster Linie sollte das Klettern mir die Angst vor der Höhe nehmen. Das hat zum Leid meiner Eltern mehr als gut funktioniert.
Marek Holecek’s Lieblingsbilder
Es gab Zeiten, da bin ich vor der Schule im Schwimmbad fast ertrunken und nach der Schule bin ich zur Leichtathletik gegangen oder habe in einem örtlichen Verein gekickt. Auch das Laufen durch den Wald und der Orientierungslauf haben nicht gefehlt. Als Gymnasiast wurde ich wie eine heisse Kartoffel durch vier Schulen gereicht, bevor man mich mit abgeschlossener Grundausbildung wieder loswerden konnte. Die folgende Fachschule, die meine Fähigkeiten deutlich überstieg, war freundlich und gab mir vor allem wegen meiner Anwesenheit im dritten Anlauf endlich das Abitur. Jeder Versuch einer höheren Ausbildung endete immer mit der gleichen Antwort: Aus nichts kann man nichts machen.
Dann folgte das Arbeitsleben. Nach 7 Jahren verzichtete ich freiwillig auf die Sicherheit in Form eines Arbeitsplatzes, eines Autos, eines garantierten Gehalts, eines Telefons, einer Krawatte und polierter Schuhe. Ich wollte das Verhältnis von Freizeit und Arbeitswoche umkehren. Also am Wochenende arbeiten und fünf Tage geniessen. Da kein Arbeitgeber genug Verständnis für meine Philosophie hatte, fand ich mich auf dem Bürgersteig wieder. Das wichtigste Motto für mich war damals: «Das Einzige, was ich verlieren kann, ist die Zeit, sie kann nicht zurückgegeben oder gekauft werden.»
Damit ich tun konnte, wovon ich träumte und nicht hungern musste, gründete ich eine kleine Firma, in der ich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem war. Weitere Tätigkeiten, mit denen ich mir meinen Lebensunterhalt verdiente, waren das Schreiben, Drehen, Filmen und Vortragen. Die in Artikeln niedergeschriebenen Geschichten und das während meiner Expeditionen aufgenommene Filmmaterial biete ich als Gegenleistung für die Unterstützung «sinnvoller Projekte» an.
Was das Klettern angeht, kann ich nur sagen, dass ich immer grosses Glück mit Menschen hatte und habe. Die Kumpels, die der Wind mir von den Felsen mitbrachte, wurden zu Stützen in meinem Alltag. Wegen den Freunden, die meine Schritte begleiten, kann ich das Klettern in den kühlen Bergen nicht als Sport bezeichnen. Ich nenne es lieber: Lebensstil. Damit will ich nicht sagen, dass das Klettern eine tiefere seelische Bedeutung hat als andere sportliche Aktivitäten. Um Himmels willen, nein. Es ist purer Egoismus. Der Unterschied liegt jedoch im extremen und langfristigen Druck: Hinter jedem Fehler lauert der Tod. Da ist ein gegenseitiges Band des Vertrauens, das nur auf Erfahrungen aufbaut, wo das Bedürfnis des