Das Märchen vom Wasserschloss 

Von Ernst Bromeis

Ken­nen Sie die Geschichte von Antoine de Saint-Exupéry? Ich meine nicht die welt- berühmte vom Kleinen Prinzen. Ich meine die vom Wasser​fall​.In meinen Vorträgen über die Endlichkeit des Wassers sowie für den Ein­satz für das Men­schen­recht auf Wass­er (mehr als zwei Mil­liar­den Men­schen suchen täglich sauberes Wass­er) frage ich öfters die Anwe­senden im Saal, ob sie die Geschichte ken­nen. Nie- mand kan­nte sie bish­er und so wird es wohl auch Ihnen ergehen.Antoine de Saint-Exupéry besuchte mit seinen drei Nomaden­fre­un­den aus der Wüste die Alpen. Sie kamen auch an einem Wasser­fall vor­bei. Alle blieben ste­hen und schaut­en nach oben. Nach ein­er Weile meinte Antoine, dass sie weit­er­wan­dern müssten. Die drei Nomaden vernein­ten und sagten: «Bitte warte, wir wollen noch länger dem fal­l­en­den Wass­er zuschauen.»Weitere Zeit verg­ing und ihr Reiseführer drängte: «Wir müssen weit­er, son­st erre­ichen wir die nächste Berghütte nicht.» 

«Nein, habe Geduld unser Fre­und, wir wollen noch bleiben.» Nach weit­eren zehn Minuten meinte der Schrift­steller ungeduldig: «Meine Fre­unde aus der Wüste, warum kommt ihr nicht mit? Es ist ein Wasser­fall. Nicht mehr und nicht weniger.» «Wir warten bis es aufhört.»

Antoine de Saint-Exupéry beschreibt in sein­er Geschichte nicht das Wasser­schloss Alpen. Nicht das Wasser­schloss Europa. Er beschreibt vielmehr den Ursprung allen Lebens. Nicht nur für die Schweiz. Son­dern für ganz Europa. Er beschreibt mit dem Wasser­fall die Quelle der Welt​.In der Schweiz reden wir immerzu vom Wasser­schloss Schweiz. Wir sind stolz darauf. Als wäre es eine Errun­gen­schaft. Doch dieses Verständnis ist mein­er Mei­n­ung nach falsch. Es ist richtig, dass wir die Stau­mauern gebaut oder die Schneekanonen instal­liert haben. Aber das Wass­er, die Quellen, die Essenz, damit alles funk­tion­iert, hat nie­mand erschaf­fen. Kein Architekt und keine Planer­in hat­die Quellen in den Alpen gebaut. 

Sie sprudel­ten schon lange, bevor die ersten Men­schen die Alpen besiedel­ten. Ohne den Ursprung Wass­er wäre jed­er Stausee und jede Schnee- kanone trock­en­gelegt. Die Sichtweise vom Wasser­schloss sug­geriert dem Homo tech­ni­cus und dig­i­tal­is, er könne sich alles bauen, erfind­en, kon­trol­lieren. Die Quellen, die Wasserfälle und die Flüsse wer­den so als reine Ressource betra­chtet, die es zu nutzen gilt. Für den Men­schen geht es darum, alles in Wert zu setzen.Als Wasser­botschafter suche ich mehr nach der Source als nach der Ressource. Als ich in Graubünden durch 200 Seen schwamm, wollte ich die Essenz der Alpen ermessen. Es ging mir nicht ums Erobern, son­dern um das Glück, dass wir im Trinkwass­er schwim­men können. Es ist ein Wun­der, dass wir in den Alpen (noch) so mit Wass­er geseg­net sind. Die Quellen sind ein Geschenk «vom Him­mel». Sie fliessen umson­st. Sie sind unser Priv­i­leg und Glück zugleich.

Die drei Nomaden aus der Wüste könnten Mauern für Stauseen bauen und Schneekanonen in die Wüste ver­legen, wie immer sie woll­ten. Das Wass­er aber kann nie­mand her­stellen. Die Essenz würde bit­ter­lich fehlen. Die drei Nomaden haben dies am Wasser­fall sofort real­isiert. Die Quellen sind das Geschenk, vielle­icht auch die Seele der Alpen. 

Jahre später, am Baikalsee, mit­ten in Sibirien, 7000 Kilo­me­ter von den Alpen ent­fer­nt, fragte mich der Fis­ch­er Alexan­der: «Hat für euch Schweiz­er das Wass­er eine Seele?» Ich sagte: «Für mich ja.»
Heute hal­ten wir das Buch «MAS­SIV» in den Händen. Heute würde ich Alexan­der auf seine Frage antworten: «Ja, und es wer­den immer mehr Menschen.»

Ernst Bromeis

Ernst Bromeis, 1968 geboren, grün­dete »Das Blaue Wun­der« und ist seit Ende 2007 haupt­beru­flich Wasser­botschafter und Expe­di­tion­ss­chwim­mer. Par­al­lel engagiert er sich in Schulen, Uni­ver­sitäten und in der Wirtschaft als Referent.

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Mit dem Kauf dieses Buch­es erleben Sie nicht nur traumhaft schöne Bilder, lesen emo­tionale Geschicht­en und haben Zugang zum Musik-Album, son­dern sie spenden einen grossen Betrag direkt in den Berg, denn der ganze Erlös wird an Stiftun­gen gespendet, die sich für den Berg und die Men­schen am Berg ein­set­zen und engagieren.

Ernst Bromeis

Ernst Bromeis, 1968 geboren, grün­dete »Das Blaue Wun­der« und ist seit Ende 2007 haupt­beru­flich Wasser­botschafter und Expe­di­tion­ss­chwim­mer. Par­al­lel engagiert er sich in Schulen, Uni­ver­sitäten und in der Wirtschaft als Referent.

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